GESUNDHEITSPOLITIK: Klimakrise, Heizungsgesetz, Ukrainekrieg, Aufrüstung sind z.Zt. die dominierenden Themen. Dadurch werden einige Probleme, die uns alle belasten verdrängt und „unsichtbar“. So z.B. Arzttermine. Immer mehr Menschen kennen das Problem: „Waren Sie schon mal bei uns? Leider haben wir keine Termine für Neupatienten!“ Was ist da los?
Früher war alles besser...
Nicht unbedingt – denn auch in der Vergangenheit mussten Patienten oftmals länger auf einen Termin beim Haus- oder Facharzt warten. Um diesen Zustand zu verbessern, hatte die Bundesregierung mit Jens Spahn 2019 das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), mit einer Regelung erlassen, die es Ärztinnen und Ärzten möglich machte, ihre Sprechstundenzeiten auszubauen und mehr neue Patienten aufzunehmen.
Mit dem Inkrafttreten des TSVG haben Ärztinnen und Ärzte ihre Praxen umorganisiert und besser aufgestellt. Sie haben in die Praxen investiert, neue Arbeitsplätze geschaffen und konnten so das Angebot für Sie als Patientin und Patienten erweitern. Es gab daraufhin fühlbare und auch belegbare Verbesserungen für die Patienten. Doch diese sinnvolle Regelung wurde nun durch die Ampel-Regierung im Rahmen von Sparmaßnahmen (GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes) wieder rückgängig gemacht.
Ein tieferliegender Grund für die Misere ist der Ärztemangel: In Deutschland fehlen ca. 15.000 Ärzte. Die Gründe dafür sind vielseitig. Ein N.C. von 1,0 (Abiturnote) reduziert die Zahl der Studienanfänger im Fach Medizin und das bei steigenden Patientenzahlen. Nicht wenig Ärzte wandern ins Ausland ab, weil Honorierung und Arbeitsbedingungen dort oft besser sind. Wegen Überlastung und Überbürokratisierung und veränderten Lebenseinstellungen (work life balance) wird der Arztberuf zunehmend unattraktiv. Zahlreiche Ärzte verlassen daher vorzeitig den Beruf.
Was bedeutet das für Patienten?
Der Beschluss der Bundesregierung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom 22.10.22 hat für Patienten zur Folge:
1. Sie müssen länger auf einen Termin warten.
2. Ärztinnen und Ärzte können nur wenige oder gar keine Neupatienten aufnehmen und müssen Sie abweisen.
3. Ärztinnen und Ärzte in Ihrer Region geben aus Altersgründen die Praxis früher als geplant auf und Sie müssen sich eine neue Ärztin bzw. einen neuen Arzt suchen.
Was kann man tun?
Der Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) rät zu folgendem: „Protestieren Sie!" Schreiben Sie den für Ihren Wahlkreis zuständigen Abgeordneten im Deutschen Bundestag, was Sie vom Beschluss der Bundesregierung halten!
Unter dem LINK - WARTEN finden Sie Ihre Abgeordneten ganz einfach. Ihnen fehlen die passenden Worte? Für diesen Fall gibt es dort einige Textvorschläge.
(Redaktion: Günter Lorenz / Quelle: SpiFa)
Ergänzende INFOS: |
#WartenBisDerArztKommt ist eine Kampagne des Spitzenverbandes Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) und seiner Mitgliedsverbände. Wir stehen für rund 165.000 Fachärztinnen und Fachärzte in Klinik und Praxis in Deutschland. Wir setzen uns für eine moderne und in die Zukunft gerichtete Gesundheitsversorgung ein. Bei uns stehen die Patientin und der Patient im Mittelpunkt. Mehr Informationen dazu auf www.spifa.de.
Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 11.5.2019
Patientinnen und Patienten sollen schneller Arzttermine bekommen, die Leistungen der Krankenkasse und die Versorgung verbessert werden.
Kern des Gesetzes ist der Ausbau der Terminservicestellen. Sie sollen zentrale Anlaufstellen für Patientinnen und Patienten werden und 24 Stunden an 7 Tagen pro Woche erreichbar sein. Parallel dazu wird das Mindestsprechstundenangebot der Vertragsärzte erhöht. In unterversorgten Gebieten müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig eigene Praxen eröffnen oder Versorgungsalternativen anbieten.
Facharztgruppen der grundversorgenden und wohnortnahen Versorgung (z.B. konservativ tätige Augenärzte, Frauenärzte, HNO-Ärzte) müssen mindestens 5 Stunden pro Woche als offene Sprechstunde anbieten (ohne vorherige Terminvereinbarung); Bundesmantelvertragspartner vereinbaren bis zum 31. August 2019 Einzelheiten;
Außerdem wird der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung um zusätzliche Angebote erweitert. Die Krankenkassen werden verpflichtet, für ihre Versicherten spätestens ab 2021 elektronische Patientenakten anzubieten. (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit)
Was ändert sich zum 1. Januar 2023
Der Gesetzgeber hat die Neupatientenregelung mit dem Ende des Jahres 2022 abgeschafft. Die extrabudgetäre Vergütung entfällt (bisherige Pseudo-GOP 99873E). Um den Wegfall der Neupatientenregelung zumindest teilweise auszugleichen, steigen die Zuschläge für Patienten, die die Terminservicestelle (TSS) vermittelt. Fachärzte und Psychotherapeuten können diese Zuschläge künftig auch dann abrechnen, wenn der Hausarzt oder der Kinder- und Jugendmediziner den Termin vereinbart hat. Gleichzeitig ändern sich die vorgegebenen Zeitfenster für die Terminvermittlung.
Die Neupatienten-Regelung wurde mit dem TSVG eingeführt und besagt, dass ärztliche Leistungen für die Behandlung von Patienten, die erstmals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in der jeweiligen Arztpraxis behandelt werden, extrabudgetär vergütet werden.
TSVG-Konstellationen ab Januar 2023
Das Terminservice-Gesetz TSS führt nur noch vier Fälle auf: 1. Akutfall / 2. TSS-Terminfall / 3. Hausarztvermittlungsfall / 4. Offene Sprechstunde
Die Behandlung bei diesen verbliebenen TSVG-Konstellationen wird weiterhin extrabudgetär und damit in voller Höhe vergütet. Hausärztinnen und -ärzte erhalten für die zeitnahe Vermittlung des Facharzt-Termins 15 statt bislang 10 Euro. (Quelle: Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg. www.kvbawue.de)