Ukraine: Zeitenwende – Endzeit?

Ukraine: Zeitenwende – Endzeit?

POLITIK: In seiner Regierungserklärung am Sonntag, 27.2.2022 sprach Bundeskanzler Olaf Scholz von einer „Zeitenwende“ und hat damit jahrzehntelange Grundsätze der deutschen Politik geschreddert.

Die richtige und anfängliche Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine ist vom Tisch. Die Regierung ist auf internationalen Druck und aufgrund des penetranten Drängens des ukrainische Botschafter Andrij Melnyk, eingeknickt. Nun werden Waffen geliefert, wobei ehrlicherweise festzuhalten ist – die BRD hat schon immer nach „Einzelfallprüfung“ Waffen auch in Krisengebiete geliefert. Nun sollen 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen (Typ „Stinger“) aus Bundeswehr-Beständen kommen. Und so verlängert man die Qualen der ukrainischen Bevölkerung in einem aussichtslosen Krieg. Kanzler Scholz sprach aber von einer "Pflicht". „Kriegstreibern wie Putin Grenzen zu setzen." „setzt eigene Stärke voraus.“ so der Kanzler in seiner Regierungserklärung.

Als Reaktion auf den völkerrechtswidrigen und verbrecherischen Angriff Russlands auf die Ukraine am 24.2.2022 verspricht Scholz zusätzlich 100 Milliarden Euro aus einem „Sondervermögen“ für die Bundeswehr. Es soll für Rüstungsinvestitionen genutzt werden. Deutschland soll stärkster Staat in Europa werden. Und nun ist auch die FDP für noch mehr Staatsschulden und FDP-Vizevizekanzler Finanzminister Christian Lindner sagte in seiner Rede: "Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien." Und auch die Grünen wollen mehr Geld fürs Militärische. Das ist eine andere Welt – die wenig Gutes verheißt!
Dem neuen Kurs Deutschlands seit dem vergangenen Sonntag stimmte auch die Opposition mit Standing Ovations zu. Jetzt aufrüsten gegen Russland. Es ist beschämend, dass nur die AFD dieser Kriegslogik und Kriegsrhetorik nicht zu stimmte. Aber Wirtschaftminister Habeck relativierte immerhin "Ich denke, wir haben eine richtige Entscheidung getroffen", "Ob sie gut ist, weiß keiner."

Es ist erstaunlich und erschreckend zugleich wie schnell wegen Putin gute Grundsätze und Ziele deutscher und internationaler Politik über Bord geworfen werden: Die Idee der Abrüstung, entwickelt unter den Bedingungen der Abschreckungspolitik während des Kalten Krieges zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt, ist obsolet. Tatsächliche Abrüstung brachte der INF-Vertrag von 1987, mit dem Mittelstreckenraketen durch die Sowjetunion und die USA bilateral abgeschafft wurden. Dieser richtige Weg, wurde schon vor Jahren verlassen, nicht nur durch Putin.

Ja, Putins Angriff auf die Ukraine hat eine besondere Qualität. Aber wird mit dem Begriff einer Zeitenwende Putins Angriff nicht zu hoch gehängt? Wird mit diesem Begriff nicht etwas herbeigeredet, das in der Realität keine Entsprechung hat? Aber vielleicht antizipiert dieser politische Paradigmenwechsel, der auf der Fiktion einer Zeitenwende beruht, auch die Endzeit der Welt. Denn - dass dem Westen als Abwehr nichts anderes einfällt als Aggression ist ein erschütternde Beispiel für den Steuerungsverlust der Politik. Und Steuerungsfähigkeit wird im fragilen System Welt immer wichtiger. Wir haben existentielle, ökologische Probleme die mit wirtschaftlichem Wachstum verbunden sind, Armuts- und Hungerprobleme, Rohstoffprobleme usw. Alles Probleme, die einen neuen politischen Geist erfordern und nicht eine „Knüppel aus dem Sack“ Politik voriger Jahrhunderte.
Wie so oft gibt es auch zum Ukraine-Krieg einen informationellen Mainstream. Aber es gibt auch freiere und selbst denkende Geister, welche die vorherrschende eindimensionale Sicht erweitern. Dazu der folgende Beitrag moderiert von Franz Alt (Journalist, Ex-CDU Mitglied) und Frank Farenski von Transparenz TV. (Redaktion: Günter Lorenz)

UKRAINE-KRIEG: Die andere Analyse
Studiogäste: Andreas Zumach (Journalist, Experte für Int. Politik, UNO-Korrespondent für die taz), Johannes Czwalina (Theologe, Autor, Konfliktberater)

 


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