Freiburger Klimacamp - Gute Aktion!?

Freiburger Klimacamp - Gute Aktion!?

UMWELT: Die akademische Intelligenz ist aus dem Schlaf erwacht. „Students for Future“ protestieren seit dem 2. Juli 2022 auf dem Freiburger Rathausplatz für die Klimawende. Das aufgebaute Klimacamp mit Zelten soll dort bis 2032 (!) rund um die Uhr mit mindestens zwei Personen besetzt sein.

 

Klimacamps gibt es auch in anderen Großstädten. EinigeKlimacamp2Klimacamp am Rathausplatz Freiburg. (Foto: Brigitte Hrabé-Lorenz) Beispiele: In Karlsruhe war eines vom 29. Mai bis zum 30. September 2021 aufgebaut. Das Konstanzer gibt es seit 1. August 2021 und das Augsburger, von Fridays for Future aufgebaut hält sich mit großer Ausdauer schon seit Juli 2020. Und nun gibt es auch ein Camp in Freiburg. Nach monatelanger Vorbereitung stehen zwei feste Schlafzelte und ein Info- und Versammlungszelt in der Nähe der Martinskirche am Rathausplatz, mobile Zelte werden dazu kommen, wenn die Unterstützung groß ist, sagen die Akteure.

 

„Wir campen bis ihr handelt. Das heißt: Wir bleiben so lange auf dem Rathausplatz, bis die politischen Entscheidungsträger:innen endlich unsere Lebensgrundlagen schützen.“ ist der Website der „Students for Future“ zu entnehmen. (klimacampfreiburg.de) Eine klare Ansage an die Verantwortlichen der Stadt Freiburg. Doch welche Absichten und Forderungen haben die „Students for Future“?
Zunächst einmal geht es darum den Protest in die City zu bringen und sichtbar für Alle zu machen. Mit Workshops, Vorträgen, Infomaterial und Diskussionen soll über die Klimakrise aufgeklärt und Klimawissen vermittelt werden. Und jeder der aktiv werden will ist willkommen.

 

Inhaltlich geht es ums Ganze, um die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft. Mobilitätswende, Agrarwende, Energiewende... Auf lokaler Ebene sollte die Stadt als symbolische Maßnahme den sozial-ökologischen Notstand ausrufen, den Innenstadtring wie vom FR-Entscheid (fr-entscheid.de/entscheidfreiburg/) gefordert zweispurig für Fahrräder frei machen, Photovoltaik-Anlagen ausbauen und die Stadt möglichst schnell klimaneutral machen.

Erfreulich ist, dass ein Teil der zukünftigen „Elite“ ihren geschützten Bildungsraum verlässt, politische Verantwortung übernimmt und aktiv wird. Und erfreulich ist auch die gute Wahl des Ortes. Nicht Ankleben am Straßenasphalt u.ä. wird praktiziert, sondern der Protest wird dort hin gebracht, wo die Verantwortlichen sitzen, wo Entscheidungen getroffen werden, zum Rathaus und zu den Parlamenten. Die Aktivisten der „letzten Generation“, die mit ihren Anklebeaktionen den Straßenverkehr und auch Einsatzfahrzeuge blockieren und so zu recht den Unmut der Bevölkerung auf sich ziehen, können hier dazulernen. Blockiert die Parlamente, die Orte wo die Entscheider sitzen, statt den Straßenverkehr! Die Leute werden es Euch danken.

 

CO2 FussPKW-Verkehr ca 1,1 t/je Einw. / Flugreisen 0,49 t/je Einw. (2020/21) Quelle: Bundesumweltamt. Aber es gibt auch Widersprüche und Einseitigkeiten, die nachdenklich machen. Auf der Website von klimacampfreiburg.de/forderungen (der Link ist inzwischen verschwunden) gab es viele vernünftige Forderungen, aber der zentralste Aspekt der Krise – der Konsum bleibt nebelhaft offen und man schießt sich stattdessen lieber auf den absolut bösen Autoverkehr ein und das heißt z.B. keinen Stadt-Tunnel zur Entlastung der Bewohner in Freiburg-Wiehre. Oder Sperrung der Rempartstraße zwischen Kaiser-Joseph-Straße und Werthmannstraße komplett für den PKW-Verkehr. Das Parkhaus auf Seite des Breisacher Tors soll zu sozialem Wohnraum umgewidmet und die landeseigene Universitäts-Parkgarage zu einer Garage für Lastenvelos und Fahrräder umfunktioniert werden. (studentsforfuture-freiburg.de/) Der Raum um die Rempartstraße mag ein „zentraler Ort des studentischen Lebens in Freiburg“ sein, aber er ist letztlich ein öffentlicher Raum, der allen gehört. Solche Forderungen, die nur im Interesse der einen Seite erhoben werden, sind kaum mehrheitsfähig und so besteht die Gefahr, dass eine an sich gute Sache keine Akzeptanz findet und von der Mehrheit abgelehnt wird.


„Der Verzicht auf Hyperkonsum und einen ressourcenintensiven Lebensstil sind essentiell, um den regionalen Energiebedarf zu senken. Dazu gehört die Reduzierung des Pro-Kopf-Wohnraums und die Einschränkung des motorisierten Individualverkehrs.“, so konnte man es nachlesen. „Hyperkonsum“ und „ressourcenintensiver Lebensstil“ bleiben inhaltlich unbestimmt, obwohl es die zentralen Kategorien der Klimakrise sind. Letztlich geht es ja um Wachstumsgrenzen, bzw. um den Widerspruch zwischen den planetaren Grenzen des Wachstums und der Verwertung von Kapital mit dem Ziel der Profitmaximierung.

Genaueres hinsehen auf den Hyperkonsum und auf den Lebensstil ist möglicherweise unangenehm für die Generation, die lautstark Maßnahmen gegen den Klimawandel fordert. Denn dabei würde sichtbar, dass es nicht nur um den Autoverkehr geht, sondern auch um den Energieverbrauch, der mit der Digitalisierung und der Nutzung des Internets verbunden ist. Mobilfunknetze und der Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur in den Haushalten verschlingen zunehmend kostbare Energie. Bei der durchschnittlichen Leistungsaufnahme von 1,4 bis 2 kW für eine Basisstation des Mobilfunks (v.a. für die Klimatisierung der Anlagen) ergeben sich für Deutschland hochgerechnete Verbrauchswerte in Höhe von 4,5 Milliarden Kilowattstunden Strombedarf pro Jahr. Das ist die Hälfte der Stromproduktion vom AKW Biblis A. Oder - weit mehr als der gesamte Beitrag der Solarstromproduktion in Deutschland (2007: 3,07 Milliarden kWh) wird von den Mobilfunknetzen konsumiert. Auch hier wäre Verzicht bzw. ressourcenschonende Nutzung nötig.


Oder die 22-jährige Marie, die in Freiburg studiert und sich für autofreie Innenstädte einsetzt und offenherzig bekennt "Ich war in den letzten Jahren viel auf Reisen und habe die Auswirkungen des Klimawandels in anderen Ländern gesehen." Da war sie ja nicht mit dem Fahrrad, sondern mit dem wenig ökologischen Flugzeug unterwegs. Vielleicht sollte sie das zukünftig lassen. Die Beispiele ließen sich CO2 Fuss3fortsetzen, sie entwerten nicht die Ziele und Handlungen der „Students for Future“, sollten aber entsprechend ihrer Bedeutung mitbedacht werden. Ansonsten wir die Sache schief.

Geschützt durchs Versammlungsrecht. Dass Versammlungen dieser Art durch Artikel 8 des Grundgesetzes geschützt sind ist gut und richtig und ein Symbol für echte Demokratie. Auflagen der Stadtverwaltung wären nur möglich, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet wäre. Die Akteure sollten daher darauf bedacht sein, dass Sie im Hinblick auf Veranstaltungen wie den Weihnachtsmarkt kooperativ bleiben und mit der Stadtverwaltung Absprachen treffen, die keine Behinderungen des Marktes etc. mit sich bringen. Ansonsten könnte diese an sich gute Sache schnell an Zustimmung verlieren.

Günter Lorenz


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